Man sieht sie nicht aber sie sind da. In Tee sind viele Flavonoide enthalten. Diese entfalten sehr positive gesundheitliche Wirkungen, die den Menschen in asiatischen Teenationen (China, Japan, Thailand, Vietnam) schon sehr lange bekannt sind und inzwischen auch wissenschaftlich belegt wurden. Was Flavonoide sind und in welcher Teesorte man sie vor allem vorfindet, das erfährt man nachfolgend.
Was sind Flavonoide?
Bei Flavonoide handelt es sich um eine natürliche Stoffgruppe, die unter anderem einen Großteil der Blütenfarbstoffe umfasst. Chemisch gesehen sind Flavonoide Polyphenole mit einer formalen Ableitung vom Grundkörper 2-Phenylchroman (Flavan). Es gibt davon rund 8.000 Verbindungen. Ihre Vielfalt basiert auf verschiedenen Oxidationsstufen und Substitutionen. Entdeckt hat die Flavonoide der spätere Nobelpreisträger Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt. Er bezeichnete sie als „Vitamin P“, wobei P für „Permeabilitätsfaktor“ stand.
Wo sind Flavonoide enthalten?
Sehr viele Pflanzen enthalten Flavonoide als sekundäre Stoffe, darunter auch Tee. Über die Nahrung und den Teegenuss nehmen wir sie auf. Sie verfügen über antioxidative Eigenschaften und werden teilweise medizinisch genutzt. Zu finden sind Flavonoide in Samenpflanzen, Moosen und Farnen, selbst einige Mikroorganismen wie der Gießkannenschimmel Aspergillus candidus bilden sie. In tierischen Organismen (selbst in Schmetterlingen) sind sie zwar zu finden, doch sie gelangen dorthin ausschließlich über pflanzliche Nahrung.
Beispiele von bekannten Flavonoiden, bzw. deren größeren Untergruppen
- Flavanole, z.B. Catechine
- Flavonole, z.B. Gossypetin
- Flavanonole, z.B. Taxifolin
- Chalkone, z.B. Xanthohumol
- Anthocyanidine, z.B. Cyanidin, Delphinidin
- Aurone, z.B. Aureusidin
- Flavone, z.B. Luteolin, Apigenin
- Flavanone, z.B. Hesperetin, Naringenin
- Isoflavone, z.B. Genistein, Daidzein
Welche Wirkung wird Flavonoiden nachgesagt?
In Pflanzen sorgen Flavonoide für die Blütenfarbe, welche Insekten anlockt. Außerdem schrecken sie Fraßfeinde ab. Weitere Funktionen für Pflanzen sind der Schutz gegen UV-Strahlung sowie die Abwehr von schädlichen Mikroorganismen und Pilzen.
Für den Menschen haben Flavonoide gesundheitsfördernde Wirkungen. Dabei spielen antioxidative Effekte eine Rolle, andere Wirkungsketten sind aber möglicherweise noch bedeutsamer. Epidemiologische Studien belegen, dass das Risiko für mehrere Krankheitsbilder bei höherer Flavonoidaufnahme sinkt. So weisen Länder mit hohem Teekonsum eine geringere Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf. Zudem wirken die Flavonoide auf den Arachidonsäurestoffwechsel, der die Blutgerinnung beeinflusst.
Es gibt darüber hinaus Studien, die eine direkte Wirksamkeit gegen Krebserkrankungen belegen. Andererseits können Flavonoide mit bestimmten Medikamenten interagieren, was möglicherweise zu Nebenwirkungen führt. Dennoch hat die Pharmaindustrie längst die Stoffgruppe für sich entdeckt. Folgende Effekte werden genutzt:
- Als Venenmittel schützen Flavonoide die Gefäße und beugen Ödemen vor.
- Sie eignen sich als Herz-Kreislaufmittel, weil sie positiv inotrop und antihypertensiv wirken.
- Als Diuretika wirken sie harnausschwemmend.
- Sie dienen der Therapie von Lebererkrankungen.
- Bei Magen-Darm-Beschwerden wirken sie als Spasmolytika.
Flavonoide helfen gegen Allergien, Viren, Mikroben und freie Radikale, sie sind außerdem entzündungshemmend, antiproliferativ (gegen Wucherungen gerichtet) und antikanzerogen (allgemein gegen die Krebsentstehung gerichtet). Die Wirkung basiert auf mehreren Mechanismen. Die Flavonoide interagieren mit über 30 Enzymen und der DNA, sie aktivieren Zellen, fangen freie Radikale und beeinflussen Signalübertragungen in den Zellen. Das Immunsystem profitiert von den Flavonoiden. Größere Flavonoidanteile enthalten neben grünem Tee auch diese Pflanzen, die pharmazeutisch genutzt werden:
- Arnikablüten
- Buchweizenkraut
- Ginkgoblätter
- Hopfenzapfen
- Lärchenextrakt
- Weißdornblätter mit Blüten
- Stiefmütterchenkraut
- Weinlaub
- Bitterorangenschale
- Mariendistelfrüchte
- Mädesüßkraut und -blüten
- Katzenpfötchenblüten
- Holunderblüten
- Goldrutenkraut
- Birkenblätter
- Passionsblumenkraut
- Römische Kamille
- Kamillenblüten
- Süßholzwurzel
- Ringelblumenblüten
- Saflorblüten
Welche Bedeutung haben Flavonoide beim Tee?
Im Tee sind sehr viele verschiedene Flavonoide in hohem Anteil enthalten. Eine Tasse Tee kann davon bis zu 170 Milligramm enthalten. Getrunken stärkt der Tee das Immunsystem, unterdrückt allergische Symptome, fördert die Verdauung und stärkt das Herz-Kreislauf-System. Er beugt offenkundig der Krebsentstehung vor und hemmt Entzündungen unter anderem im Mund und Rachen. Zudem bekämpft er schädliche Viren, Bakterien und Pilze im Körper. Die entzündungshemmende Wirkung lässt sich auch durch die äußere Anwendung von Teepackungen bei der Wundversorgung nutzen. Die Folgen von Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum könnten die Flavonoide im Tee wenigstens teilweise etwas eindämmen. Nach derzeitiger Studienlage (2020) könnte Rauchern eine Teetime um 16.00 Uhr zusammen mit einem Apfel helfen, die Schädlichkeit der Teerstoffe in Zigaretten zurückzudrängen. Dennoch ist es natürlich besser, gar nicht zu rauchen. Die Erkenntnis ergibt sich aus einer Studie von Forschern der australischen Edith-Cowan-University und der Uniklinik Kopenhagen, welche diese über 23 Jahre mit 56.000 Teilnehmern durchgeführt hatten. In der Studie ging es um Teegenuss und die Ernährung mit Lebensmitteln, die viele Flavonoide enthalten (darunter Äpfel). Es konnte belegt werden, dass viele Flavonoide die Mortalität bei Herz-Kreislauf- und Krebs-Erkrankungen signifikant senkten und dieser Effekt besonders bei Trinkern und Rauchern zu beobachten war. Nicola P. Bondonno empfiehlt als Hauptautorin der Studie den Genuss von Tee und Lebensmitteln mit Flavonoiden.
Fazit
Grüner Tee wirkt wegen der enthaltenen Flavonoide sehr gesundheitsfördernd. Wir können diese Stoffgruppe aber auch aus anderen Lebensmitteln beziehen. Die empfohlene Tagesdosis liegt für einen Erwachsenen mit Normalgewicht bei rund 500 Milligramm pro Tag. Das wären zum Beispiel:
- 1 Apfel
- 1 Tasse Tee
- 1 Orange
- 100 Gramm Brokkoli
Woher die Flavonoide stammen, ist für ihre gesundheitsfördernde Wirkung im Grunde unerheblich. Wer also viel grünen Tee trinkt, muss nicht unbedingt täglich Brokkoli essen.
Quellen und Verweise
- Naturstoffchemie - Eine Einführung: Gerhard Habermehl, Peter E. Hammann, Hans C. Krebs, W. Ternes, Springer-Verlag 2008
- Bondonno, Nicola P., et al. "Flavonoid intake is associated with lower mortality in the Danish Diet Cancer and Health Cohort." Nature communications 10.1 (2019): 1-10.
- Bondonno, Nicola P., et al. "Association of flavonoids and flavonoid-rich foods with all-cause mortality: The Blue Mountains Eye Study." Clinical Nutrition 39.1 (2020): 141-150.