In der Welt des Tees gab es schon immer eine gewisse heilige Einigkeit: Heißes Wasser, eine Tasse, und der Duft von aufsteigendem Dampf, der die Sinne umhüllt. Von Generation zu Generation wurde uns gelehrt, dass der Weg zum perfekten Tee über den Pfad des kochenden Wassers führt. Doch in den letzten Jahren hat sich mit dem sogenannten Cold Brew-Tee ein neuer Weg aufgetan, der sich zunehmend größerer Beliebtheit erfreut. Statt kochendem Wasser reicht plötzlich nur noch lauwarmes oder gar kaltes Leitungswasser zum Aufgießen des Tees. Inmitten dieser Bewegung stellt sich nun die Frage: Ist Tee kalt aufgießen gefährlich? Oder haben wir es einfach all die Jahre nur falsch gemacht?
Warum ist Tee überhaupt gefährlich?
Nun kann man sich natürlich erst einmal die Frage stellen, warum Tee überhaupt gefährlich sein soll. Schließlich wird doch immer damit geworben, dass Tee so gesund ist. Mit medizinischen Tees, den sogenannten Heiltees aus den Apotheken, gibt es sogar Tees, die speziell bei bestimmten Leiden für Linderung sorgen sollen, wie beispielsweise Tees gegen Bauchschmerzen oder Tees gegen Husten. Wo steckt also die Gefahr?
Am Ende sind Tees Naturprodukte und immer wenn der Mensch versucht in die Natur einzugreifen, um beispielsweise höhere oder häufigere Ernteerträge zu erwirtschaften, können zusätzliche Verunreinigungen entstehen. Das fängt beim Anbau an, bei dem beispielsweise eingesetzte Pestizide den Tee schaden können. Darüber hinaus ist die Verarbeitungskette lange: Nach dem Anbau kommt die Ernte, das anschließende Trocknen und Lagern, ehe der Tee weiter trans¬portiert und anschließend umverpackt wird. Viele Glieder einer Kette, in der etwas schiefgehen kann. Erst die spätere Zubereitung des Tees, bei dem er mit kochenden Wasser aufgegossen wird, stellt sicher, dass man ein sicheres Lebensmittel vor sich hat. Das kochende Wasser tötet nämlich die unerwünschten Keime ab. Bei der Cold Brew Methode fällt nun ausgerechnet dieser letzte Sicherungsschritt, den man selbst in der Hand hat, weg. Doch komplett muss man nun auf den Cold Brew Tee nicht verzichten. Warum das so ist, erfährt man nachfolgend.
Cold Brew Tee: Die Teeart entscheidet über die Gefahr
Bevor wir die Frage überhaupt beantworten können, ob ein kalt aufgegossener Tee wirklich so gefährlich ist oder nicht, müssen wir erst einmal abgrenzen, was wir unter Tee verstehen. Strenggenommen wird “richtiger” Tee nämlich immer aus der Teepflanze Camellia sinensis/Camellia assamica hergestellt. Das sind beispielsweise alle Grüntee-, Schwarztee- oder auch Weißtee-Sorten, sowie Oolong und Matcha.
Darüber hinaus zählt man hierzulande unter dem Begriff Tee aber auch Kräutertees, Rooibos oder Früchtetees, die streng genommen nur Aufgussgetränke sind. Da Tee als Sammelbegriff für all diese Arten gebräuchlich ist, wollen wir nachfolgend unterscheiden.
Keine Gefahr vom echten Tee
Die gute Nachricht gleich zu Beginn, bei der Zubereitung von Cold Brew Tee mit echtem Tee aus der Teepflanze Camellia sinensis oder Camellia assamica besteht kaum bis keine Gefahr. Erklärbar ist dies durch den Herstellungsprozess der schwarzen oder auch grünen Tees. Hier werden die Teeblätter in verschiedenen Verfahren entweder sehr heiß getrocknet bzw. erhitzt. So kommt bei solch einer Herstellung Temperaturen von bis zu 300 Grad Celsius zum Einsatz, wie beispielsweise bei der Herstellung von grünen Tee durch Röstung bei der chinesischen Verarbeitungsmethode. Im typischen Herstellungsverfahren sind Temperaturen zwischen 60 Grad bis 80 Grad Celsius die Regel.
Vorsicht bei Kräutertee und Früchtetee
Anders sieht es hingegen bei Kräutertees und Früchtetees aus. Auch sie werden zwar getrocknet, allerdings bei weitem nicht bei solch hohen Temperaturen. Gerade bei den Kräutertees würden sonst beim Trockenvorgang die ätherischen Öle der Kräuter verfliegen und sie würden damit an Aroma einbüßen. Die Temperatur übersteigt hier in der Regel nicht die 40 Grad Celsius. Durch die schonende Trocknung weisen Kräutertees im Vergleich zu anderen Lebensmitteln eine deutlich höhere Anzahl an Mikroorganismen auf. Darunter auch unerwünschte Keime, die sich nur durch den Aufguss mit 100 Grad heißem Wasser zuverlässig abtöten lassen. So berichtet die Studie: "Influence of brewing temperature and brewing period on the microbial kinetics", dass in getrockneten Planzenprodukten von Natur aus eine hohe Anzahl an bakterielle und pilzliche Mikroorganismen zu finden ist. Je nach Typ des Produkts sollen zwischen 105 bis sogar 108 Bakterien pro Gramm zu finden sein.
Ausnahme: Spezielle Cold-Brew Früchtetees
Die heißen Sommer und damit die immer beliebtere Zubereitung von kalt aufgegossenen Tee haben sich auch die Teehersteller zu Herzen genommen und bieten inzwischen auch spezielle Früchtetee-Mischungen an, die kalt aufgegossen werden können. Diese werden mit einem speziellen Heißdampfverfahren behandelt, sodass der Keimgehalt sinken soll. Stellenweise wird auch von „besonderen lebensmittelhygienischen Kontrollen“ gesprochen, die ein sicheres Lebensmittel garantieren sollen.
Bei solchen speziellen Kaltaufguss-Tees kann man also ebenso zugreifen. Man findet diese im Handel inzwischen in Hülle und Fülle, in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Allerdings auch hier wird der Verzehr aufgrund des Restrisikos für Säuglinge und Kleinkinder meist nicht empfohlen.
Fazit: Tee kalt aufgießen ist nicht gefährlich, kann es aber sein!
Versteht man unter dem Begriff Tee, nur den reinen Tee aus der Teepflanze, dann ist das kalte Aufgießen nicht gefährlich. In vielen asiatischen Ländern wird Tee schon lange aufgegossen. Es gibt mit Shinobi-cha sogar eine Form, bei der der Tee (meistens Grüntee) lediglich mit Eiswürfeln zubereitet wird.
Versteht man unter dem Begriff „Tee“ hingegen breiter, dann sollte man tatsächlich aufpassen. Früchtetee oder Kräutertee sollte man nicht kalt aufgießen, da hier durch Verunreinigen am Ende kein sicheres Getränk gewährleistet werden kann. Wer dennoch nicht darauf verzichten möchte, der kann zumindestens für kalt aufgegossene Früchtetees auf kommerzielle Angebote ausweichen, die einen unbedenklichen Kaltaufguss garantieren sollen.