
Taiwan begeistert Teefreunde aus aller Welt mit seiner einzigartigen Vielfalt und Qualität. Die Insel verbindet traditionsreiche Teekultur mit innovativer Forschung und schafft es, selbst erfahrene Genießer immer wieder zu überraschen. Wer Tee liebt, entdeckt in Taiwan einen Schatz, der weit über das gewöhnliche Teetrinken hinausgeht.
Geschichte des Teeanbaus in Taiwan
Die ersten Teesamen brachten laut Lian Heng's General History of Taiwan Siedler aus der chinesischen Provinz Fujian im späten 18. Jahrhundert mit und legten damit den Grundstein für den Teeanbau im Norden der Insel. Sie pflanzten diese in Jieyukeng (櫛魚坑) im Gebiet des heutigen Bezirks Ruifang in Neu-Taipeh. Schnell entwickelte sich die Region um Taipeh zum Zentrum der Teeproduktion.
Die Portugiesen tauften die Insel "Ilha Formosa" (woher auch noch die heute bekannte Bezeichnung des Formosa Oolong ihren Ursprung hat), die schöne Insel, und nutzten Taiwan als strategischen Handelspunkt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts stieg Tee zum wichtigsten Exportgut auf. Besonders Oolong-Tees (der im Jahr 1855 durch in Fengchi (林鳳池) in das Land gebracht worden sein soll) aus Taiwan fanden weltweit begeisterte Abnehmer. Um den europäischen Markt mit schwarzem Tee zu versorgen, investierte Taiwan während der japanischen Kolonialzeit (1895–1945) gezielt in neue Teepflanzen, wie die Assamica-Varietät.

1903 entstand die Tea Manufacture Experiment Station, die heutige Taiwan Tea Research and Extension Station (TRES). Sie erforschte neue Kultivare und optimierte Anbaumethoden. Nach dem Ende der japanischen Herrschaft setzte Taiwan auf Innovation: Maschinen modernisierten die Produktion, und grüner Tee dominierte den Export. In den 1970er Jahren verlagerte sich der Fokus auf den heimischen Markt, was besonders den Oolong-Tees zugutekam. Seit den 1980er Jahren profitieren private Teefabriken und expandierende Anbauflächen in höheren Lagen von diesen Entwicklungen. Heute gilt Taiwan als Lieferant hochwertiger Tees mit internationaler Reputation.
Geografie und Klima als Qualitätsfaktor
Die Insel Taiwan liegt an der Westkante des pazifischen Feuerrings, wo die philippinische und die eurasische Platte aufeinandertreffen. Vulkangestein prägt die Böden und macht sie außergewöhnlich fruchtbar. Tee gedeiht besonders gut auf diesen mineralreichen Untergründen. Das Klima spielt eine ebenso bedeutende Rolle: Warme, feuchte Sommer und kurze, milde Winter schaffen ideale Bedingungen für das Wachstum der Teepflanzen.
Die unterschiedlichen Höhenlagen tragen zur Vielfalt der Teesorten bei. Hochgelegene Plantagen profitieren von Nebelschwaden, kühlen Temperaturen und klarer Luft – Faktoren, die den Geschmack und das Aroma des Tees intensivieren. Auf dem Li Shan, dem "Birnenberg", wachsen Teepflanzen auf über 1.700 Metern Höhe. Dort entstehen Tees mit komplexem Charakter, feiner Honignote und floralen Facetten. Die Kombination aus Bodenbeschaffenheit und Wetter verleiht taiwanesischen Tees ihre außergewöhnliche Qualität.
Teeanbaugebiete in Taiwan
Drei Hauptregionen prägen den Teeanbau auf der Insel: der Norden, der Nordwesten sowie Süd- bis Zentraltaiwan. Jede Region bringt ihre eigenen Spezialitäten und Besonderheiten mit.
Im Norden, rund um Taipeh, konzentrieren sich die Teegärten vor allem auf Grüntee und Oolong-Tees. Die Region gilt als Ursprungsgebiet des Teeanbaus und besticht durch traditionelle Anbaumethoden. Städte wie Neu-Taipeh und Bezirke wie Yingge, Wenshan und Pinglin sind bekannt für ihre hochwertigen Tees. Mit rund 979 Hektar Anbaufläche produziert der Norden etwa vier Prozent des taiwanesischen Tees.
Zentral- und Südtaiwan bilden das Herz der Teeproduktion. Hier wachsen Oolong- und Schwarztees auf 9.983 Hektar und bis zu 2.600 Meter Höhe. Landkreise wie Nantou und Chiayi liefern mehr als 80 Prozent der Gesamtproduktion. Besonders die Gemeinde Lugu am Dong Ding Berg ist berühmt für den legendären Dong Ding Oolong. Die steilen Hänge erschweren die maschinelle Ernte, weshalb hier Menschen viele Teeblätter weiterhin von Hand pflücken.
Im Nordwesten Taiwans, in Regionen wie Taoyuan und Hsinchu, entstehen vor allem Grüntees und Oolongs. Die Teegärten liegen auf bis zu 1.000 Metern Höhe und profitieren von einer langen Tradition, die bis in die Zeit der japanischen Besatzung zurückreicht. Gemeinden wie Guanxi, Emei und Beipu stechen mit ihren besonderen Tees hervor.
Wichtige Teesorten aus Taiwan
Taiwan zählt weltweit zu den renommiertesten Oolong-Produzenten. Oolong ist eine halb fermentierte Teesorte, die sich geschmacklich zwischen Grüntee und Schwarztee einordnet. Die Sortenvielfalt erscheint grenzenlos: Je nach Oxidationsgrad und Röstung entstehen Tees mit blumigen, fruchtigen oder malzigen Noten.
Hochland-Oolongs aus Taiwan gelten als Spitzenklasse. Sorten wie "Ali Shan Oolong", "Dong Ding Oolong" oder "Li Shan Oolong" begeistern mit komplexen Aromen, sanfter Süße und einem unvergleichlichen Duft. Die kühlen, nebligen Höhenlagen sorgen für eine langsame Reifung der Blätter und schenken dem Tee seine besondere Tiefe.

Schwarzer Tee aus Taiwan bleibt eine Rarität. Tees wie "Sun Moon Lake Black Tea" überzeugen mit einem honigsüßen, blumig-fruchtigen Geschmacksprofil. Obwohl die Produktionsmengen gering sind, genießen sie unter Kennern einen exzellenten Ruf und gelten als echte Kostbarkeiten.
Grüntee spielt ebenfalls eine Rolle, vor allem im Norden und Nordwesten der Insel. Sorten wie "Sanxia Bi Luo Chun" zeigen eine frische, jadegrüne Farbe und ein zartes, gemüsiges Aroma. Jede Region bringt dabei ihre eigenen Spezialitäten und Nuancen hervor.
Die Vielfalt taiwanesischer Tees entsteht durch unterschiedliche Kultivare, Fermentationsgrade und Röstverfahren. Die Forschung der TRES hat seit 1969 zahlreiche neue Sorten hervorgebracht, die den Charakter der Insel in die Tasse bringen.
Teekultur in Taiwan
Tee in Taiwan ist mehr als ein Getränk – er prägt den Alltag, die Gesellschaft und die zwischenmenschlichen Beziehungen. Traditionelle Rituale wie die "Lao-jen cha", die Teezeremonie der „alten Männer“, bringen Menschen zusammen: In Tempeln und auf alten Straßen treffen sich Freunde, um gemeinsam Tee zu genießen und sich auszutauschen. Die Kunst des "Kong Fu Tees" (auch bekannt als Gong Fu) lebt in den Teegeschäften Taipehs. Hier erklären Experten neugierigen Besuchern die Feinheiten der traditionellen Zubereitung und laden zum Mitmachen ein.
Die Auswahl des Wassers, die Temperatur, die Menge der Blätter und die Wahl des Teetopfes bestimmen das Ergebnis. Begeisterte Teetrinker legen Wert auf handgefertigte Kannen, feine Tassen und das richtige Zusammenspiel aller Komponenten. Jede Tasse Tee wird zum kleinen Fest für die Sinne.
Tradition und Moderne gehen in Taiwan Hand in Hand. Während die klassische Teekultur weiterhin lebendig ist, erobern innovative Getränke wie Bubble Tea die junge Generation. Kein Wunder, wurde der Bubble Tea doch in Taiwan auch geboren. "Chenchu Naicha", ein erfrischender Milchtee mit Tapioka-Kugeln, ist das Trendgetränk der Jugend und zeigt, wie kreativ Taiwan mit seiner Teetradition umgeht.
Tee begleitet jeden Tag. Ein chinesisches Sprichwort zählt ihn zu den sieben Lebensnotwendigkeiten. Die Teezeremonie vermittelt Ruhe, Gemeinschaft und Respekt. Gleichzeitig steht Tee für Wandel und Fortschritt: Jedes Jahr entstehen neue Sorten, und Forschungseinrichtungen wie die TRES treiben die Entwicklung voran. So bleibt Tee in Taiwan lebendig und spannend.
Taiwan hat sich in der Welt des Tees einen festen Platz erobert. Die Insel begeistert mit einzigartiger Teekultur, innovativen Sorten und einer Geschichte voller Leidenschaft. Wer einmal einen Tee aus Taiwan probiert, spürt die Liebe, die Sorgfalt und die Kreativität, die in jeder Tasse stecken.