Bei Handelsstraßen denken viele zunächst an die berühmte Seidenstraße, die in China ihren Anfang nahm, die Handelswege für den Transport von Kupfer und Zink im alten Mesopotamien oder an mittelalterliche Handelswege wie die Via Regia oder die Via Appia. Weniger bekannt sind die Teestraßen, auf denen neben Teeziegeln auch Salz und Pferde gehandelt wurden.

Was versteht man unter einer Teestraße?

Die Teestraßen Chinas haben vor allem ihren Ursprung in Südwestchina. Hier beginnen die Karawanen ihren mühsamen Aufstieg durch das tibetische Hochland oder direkt nach Südostasien. Die Karawanen brachten nicht nur Tee in den Süden (siehe hierzu auch Karawanentee), auch Salz und andere Waren wurden gehandelt. Zudem waren sie wichtige Reiserouten. Die Teestraßen sind seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. bekannt und dauerten bis ins 20. Jahrhundert an. Dabei wurden diese Routen schon vor dem Aufkommen des Teehandels genutzt. Die Karawanen griffen auf bereits bestehende Handelswege zurück, um die erhöhte Nachfrage nach Tee außerhalb Chinas zu bedienen.

Erfahre mehr hierzu auch in der englischsprachige Dokumentation: "Great Tea Road Retracing: exploring the stories and legends about Chinese tea culture" von Hannah Carter:

Welche Teestraßen gab es?

Bekannte Teestraßen beginnen unter anderem in der heutigen Provinz Yunnan an der Grenze zu Myanmar und Laos. Hierbei handelt es sich um ein bedeutendes Anbaugebiet der Teesorten Pu-Erh, der Assam-Variante der Teepflanze. Von hier ging es nach Simao, Jinhong, Menghai und anschließend nach Burma. Anschließend reisten Händler weiter nach Thailand, Singapur, Malaysia und Hongkong. Andere Routen führten nach Vietnam und von hier nach Tibet und schließlich nach Europa.

Berühmt und fast ebenso wichtig wie die Seidenstraße ist die sogenannte Tee-Pferde-Route, welche ebenfalls in Yunnan startet und den Weg über Lhasa in Tibet nimmt. Später sollte Russland über den Sibirischen Trakt große Mengen an Tee importieren.

Tee-Pferde-Straße

„Chámǎgǔdào“ heißt übersetzt alte Tee-Pferde-Straße, man findet sie aber auch unter der Bezeichnung Chámǎdào, kurz Tee-Pferde-Straße, wieder. Hierbei handelt es sich um eine der ältesten Handelsstraßen der Welt mit einer oft unterschätzten Bedeutung. Teilweise herrscht jedoch eine Überschneidung mit der Seidenstraße, weswegen man auch von der Südlichen Seidenstraße spricht.

Diese Handelsstraße verbindet die südchinesische Provinz Yunnan mit den Ländern Burma, Indien, Nepal sowie Tibet. Zudem entwickelte sich mit der Zeit ein weiterer Zweig, beginnend mit der Provinz Sichuan. Während die Chinesen von hier aus ihren Tee in den Westen und Süden brachten, importierten sie Pferde aus Tibet – daher der Name dieser alten Handelsroute. Die tibetische Hauptstadt Lhasa wurde somit zu einem Umschlagplatz für Tee weltweit. Die Chinesen hingegen brauchten die Pferde für ihre Kriege mit den Steppennomaden im Norden. Aufgrund des rauen Klimas galten die Pferde Tibets als besonders robust.

Verschiedene Arten der Monarda bestimmen am Ende auch den Geschmack des Tees
Verlauf der Tee-Pferde-Straße / Von Redgeographics - Created map from scratch, CC BY-SA 4.0, Link

Leicht war der Auf- und Abstieg für die Händler nicht. Rund 4.000 km mussten die Händler auf der Tee-Pferde-Straße zurücklegen und dabei schwieriges Terrain überwinden.

Während in den chinesischen Tiefebenen hohe Temperaturen die Händler zu schaffen machten, sahen sie sich in den tibetanischen Hochebenen Schnee und Kälte ausgesetzt. Zudem mussten sie die großen Flüsse Yangtze, Mekong und Salween überqueren.

Neben Tee transportierten die Händler auch Seide, Zucker und Salz. Den Tee pressten die Händler für eine bessere Transportierbarkeit zu Ziegeln, wodurch der Ziegeltee entstand. Tee von guter Qualität konnte so noch mehrere Jahre nachreifen. Der Tee war in Tibet so beliebt, dass die Händler für 20 bis 60 Kilogramm schon ein Pferd erstehen konnte.1 Bei dieser Teesorte wird der Tee durch hohe Temperaturen in Form von Ziegeln gepresst, wodurch der anschließende Transport über weite Strecken deutlich vereinfacht wurde. Insbesondere in der Stadt Chibi, eine Stadt in der Provinz Hubei, wurde diese spezielle Art von Tee hergestellt.

Auf ihrer Reise mussten die Händler auch Halt machen. Die Karawanen hielten dabei häufig in Dali, Shaxi oder Lijian. Dali ist heute ein eher kleines Städtchen, doch vor dem 1. Jahrtausend war es die Hauptstadt des Königreichs Nanzhao. Nachdem die Mongolen das Königreich zerschlagen hatten, wurde es zur Provinz Yunnan umgewandelt und die Hauptstadt verlagert. Dennoch blieb Dali ein wichtiges kulturelles Zentrum der Bai. Zusammen mit den Yi bildeten die Bai auch eine wichtige Ethnie in der Stadt Shaxi, einem weiteren Zwischenstopp der Händler. In der Nähe von Shaxi befindet sich der Shibao Shan, der „Steinschatz-Berg“ mit den buddhistischen Höhlentempeln und zahlreichen buddhistischen Statuen. Im Dorf Lijian ist die Volksgruppe der Naxi beheimatet. Selbst heute zeugen die vielen Teehäuser von der einstigen Bedeutung des Teehandels auf dieser Route.

Im Anschluss geht es an den beschwerlichen Aufstieg nach Tibet. Pferde und Esel wurden nicht geritten, stattdessen dienten sie als Transport- und Nutztiere. Ihre starken Rücken trugen dabei die Teeziegel, Salz und weitere Güter. Kälte, Steinschlag, unwegsame Pfade waren hier ebenso eine Gefahr wie Banditen, die sich von ihren Raubzügen reichhaltige Beute versprachen. Sollten die Händler es geschafft haben, dann tauschten sie ihre Güter auf dem berühmten Pferdemarkt von Lhasa. Lange blieben die Händler häufig nicht, stattdessen machten sie sich bald auf nach Yunnan. Weniger häufig nutzten die Händler dagegen die südlichen Routen durch Myanmar, das Nagaland sowie das Brahmaputra-Ganges-Delta. Von hier aus ging es nach Kalkutta. Pferde gab es hier nicht zu erstehen und zudem mussten die Händler mehr Grenzen durchqueren.

Buchtipp: Am Ende der Teestraße

Im Buch "Am Ende der Teestraße" verfällt der junge Charles Stowe, Sohn eines Londoner Teehändlers, der Magie des Tees. Die exotischen Düfte und geheimnisvollen Aromen lassen ihn nicht mehr los, bis er schließlich beschließt, selbst nach China zu reisen. Sein Ziel: den seltensten Tee der Welt nach England zu bringen. Doch seine Pläne geraten ins Wanken, als er auf die rätselhafte Loan trifft. Ihre Schönheit fasziniert ihn mehr als jeder edle Tee. Doch Loan gehört dem einflussreichen Tee-Baron Lu Chen – einem Mann mit nur einer Schwäche: Opium. Lu Chen gewährt Charles sieben Tage und Nächte mit Loan, unter einer einzigen Bedingung – danach muss er für immer verschwinden. Erlbe in "Am Ende der Teestraße" den Weg des Tees aus einer ganze anderen Perspektive.

Mehr Infos

Sibirischer Trakt

Der Aufbau des Sibirischen Trakts, auch Sibirische Straße oder Moskauer Trakt genannt, begann im Jahr 1689. Damit veranlasste der russische Zar den Bau einer Straßenverbindung nach Sibirien. Mit dem eigentlichen Bau begann man jedoch erst im Jahr 1730. Diese Heerstraße beginnt bei Tjumen, der Hauptstadt des gleichnamigen Oblasts. Über Ischim, Tjukalinks, Omsk und Kainsk führt die Straße nach Kolywan bis nach Tomsk. Gut 1.611 km lang ist der westliche Teil des Sibirischen Traks. Eine Strecke von 1.663 km legt der östliche Teil ab, von Tomsk über Mariinks bis nach Irkutsk. Von hier führen weitere Abzweigungen um den Baikalsee nach Kiachta, eine andere bis nach Wladiwostok am Japanischen Meer. Von Tjumen bis nach Wladiwostok betrug die Gesamtentfernung der Route stolze 7.793 km. Dadurch, dass diese Teestraße von Russland über die Mongolei nach China verlief, war die mongolische Sprache für die russisch-chinesische Interaktionen sehr wichtig. So wurde sie zur „lingua franca“, also einer Verkehrssprache entlang der Teestraße.2

Verschiedene Arten der Monarda bestimmen am Ende auch den Geschmack des Tees
Verlauf des sibirischen Trakts

Der Sibirische Trakt wurde auch als Teestraße bekannt, denn über diesen Weg wurden große Mengen an Tee aus China nach Europa importiert. In seinem Werk „Across Siberia: On the Great Post-Road“ schrieb Charles Wenyon, dass der beste Tee Chinas über diese Handelsstraße nach Russland kam. Im Jahr 1915 wurden gut 65 % des gesamten Teeexports über den Sibirischen Trakt abgewickelt.

Einer der bedeutendsten Protagonisten der Teestraße waren übrigens die Shanxi-Händler (Shanxi-Merchants), die nicht nur für die Entwicklung, sondern auch für die Aufrechterhaltung dieser historischen Handelsroute verantwortlich waren. Sie erkannten früh die wirtschaftliche Bedeutung des chinesischen Tees, wobei sie sich insbesondere auf den Ziegeltee konzentrierten. Nachdem Katharina die Große (Katharina II) im Jahr 1762 Kyachta für private Händler öffnete, erlebte die Teestraße einen richtigen Boom. Die „Kaufleute in Kyachta waren allesamt Shanxi-Händler“ (zitiert nach Sui Yuan Tong Zhi Gao) brachten Quellen die Omnipräsenz der Shanxi-Händler auf den Punkt.3 Die Teestraße sorgte so bei den russischen und den Shanxi-Kaufleuten für großen Reichtum, bis Chinas Niederlagen im Opiumkrieg den Seehandel wieder eröffneten und die transsibirischen Eisenbahn den endültigen Niedergang des Karawanentees einleitete.

Die Fertigstellung der Transsibirischen Eisenbahn leitete das Ende des Karawanentee ein
Die Fertigstellung der Transsibirischen Eisenbahn leitete das Ende des Karawanentee ein

Heutige Bedeutung der Teestraßen

Neue Straßen und Technologien haben die alten Teestraßen obsolet gemacht. Vor allem der Sichuan-Tibet-Highway bringt Reisende und Waren schnell von China nach Tibet und wieder zurück. Das Andenken an die Teestraßen wird als touristische Attraktionen am Leben erhalten. Heute lassen sich die alten Pfade weiterhin begehen, die Natur bestaunen sowie die Geschichte Südwestchinas und Tibets erkunden.

Quellen