Oft haben historische Abläufe direkten Einfluss auf unsere liebgewordenen Gewohnheiten und Genüsse. So geschah dies auch vor rund 100 Jahren in der Türkei. Über lange Zeit war der Kaffee dort das bevorzugte Genussmittel. Aber die Dinge entwickelten sich zu Ungunsten der belebenden Bohnen. Diese waren plötzlich zu einem teuren Importgut avanciert. Eine Alternative musste gefunden werden. Erfahre nachfolgend mehr über die Geschichte des türkischen Tees (türkisch çay ausgesprochen [t͡ʃaj]), den Anbaugebieten, den verschiedenen Tee-Sorten und natürlich wie man einen türkischen Tee richtig zubereitet.

Herkunft des Türkischen Tees - Teeanbaugebiete

Schon lange war in der Türkei bekannt, dass die fermentierten Blätter der immergrünen Teepflanzen eine ähnlich belebende Wirkung wie die gerösteten Kaffeebohnen besitzen. Es gab bis dahin jedoch keine eigenen Anbauflächen. Die Erfolgsgeschichte des Türkischen Tees begann 1888. Zunächst baute man den Tee in der Region Bursa an. Dafür wurden aus China Samen der bekannten Teepflanze (Camellia sinensis) importiert. Es zeigte sich jedoch, dass die Boden- und Klimaverhältnisse dort nicht die gewünschten Ergebnisse brachten.1

Nach dem ersten misslungenen Versuch türkischen Tee anzubauen, beasste sich ab 1917 der Botaniker Ali Rıza Erten, damals auch stellvertretender Leiter der Halkalı Ziraat Mektebi Âlisi, einer Hochschule für Landwirtschaft und Ackerbau in Halkalı, eine neue geeignete Region für den Teeanbau in der Türkei zu finden. Er machte dafür den Nordosten der Türkei als geeignetes Gebiet aus. Befruchtet wurde der türkische Teeanbau durch das Nachbarland Georgien, das zu jener Zeit bereits einen erstklassigen Ruf als Erzeuger von Tee besaß. Auf der Pariser Weltausstellung von 1900 hatte Georgien im Rahmen des Teewettbewerbes die Goldmedaille errungen. Mit dem Wechsel in das Gebiet rund um Rize gelang dann 1937 der große Durchbruch. Unter Leitung des Agraringenieur Zihni Derin wurden große Mengen an junger Teepflanzen aus Georgien importiert und Stecklinge angezogen, 1947 folgte dann die erste Teefabrik. Aktuell kommen 65 % des türkischen Tees von dort. Weitere Anbaugebiete befinden sich bei Trabzon, Artuin, Ordu und Girezun. Noch heute gilt Zihni Derin als „Vater des Teeanbaus“.2

Gewusst?

Auf Antrag Afghanistans und der Türkei wurde der Türkische Tee (Çay) im Jahr 2022 in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Auf der Unesco-Webseite erfährt man mehr über die „Culture of Çay“. Anbei auch das zugehörige Video, leider nur mit englischen Untertitel:

Das Herz des Türkischen Tees schlägt in Rize

In der Stadt Rize leben rund 120.000 Menschen, von denen nahezu jeder Haushalt mit dem Teeanbau, der Verarbeitung und dem Teehandel eng verbunden ist. Die vom Teeanbau geprägte Landschaft trägt den Namen „Region des Tees“. Im hiesigen Landschaftsgarten, der einen fantastischen Blick über Stadt und Landschaft bietet, würdigen die Menschen mit dem Caykur Teemuseum (Rize Museum auf tripadvisor.de) die Bedeutung der aus Fernost stammenden Pflanze.

Der Türkische Tee trägt seit über 60 Jahren einen großen Namen: Caykur. Das Unternehmen mit Firmensitz in Rize ist der unangefochtene Branchenführer des Landes. Es kooperiert mit über 200.000 selbstständigen, regionalen Erzeugern, die ihrerseits die Teeplantagen bewirtschaften. Im Gegenzug garantiert Caykur den Zulieferern stabile Preise beim Ankauf des wertvollen Rohmaterials. Ganz im Sinne von Nachhaltigkeit und entsprechend den Schwerpunkten der modernen Agrarwirtschaft unterstützt Caykur die Umstellung und den Ausbau von biologischen Anbauflächen. Unter den Türkischen Tees besetzt Schwarzer Tee den Spitzenplatz. Grüner Tee, Kräutertees und aromatisierte Tees runden das Sortiment ab. Ganz nach den unterschiedlichen Wünschen der Kunden gibt es Bio-Tees, lose, gerollte Teeblätter und Knospen sowie portionierten Tee im Aufgussbeutel. Sehr populär sind die Schwarztees Altinbas, Tiryaki, Filiz, Rize Turist, Kamelya und Tomurcuk.

Der türkische Schwarztee Altinbas von Caykur
Der türkische Schwarztee Altinbas von Caykur

Türkische Tee Sorten

Wie überall auf der Welt, werden auch in der Türkei die verschiedensten Tee-Sorten genossen. Nachfolgend sollen die bekanntesten und vor allem beliebtesten türkischen Tee-Sorten kurz vorgestellt werden. Wichtig dabei: Wenn wir hier von Tee-Sorten sprechen, dann meinen wir den umgangssprachlichen Tee-Begriff. Also nicht nur Tee der aus der Teepflanze Camellia sinensis hergestellt wird, sondern auch Früchtetees und Kräutertees oder auch Teemischungen.

Rize-Tee

Der Rize-Tee ist der am häufigsten konsumierte Tee in der Türkei. Es handelt sich dabei um eine Sorte des schwarzen Tees, der seinen Namen von der Region Rize an der Schwarzmeerküste bekommen hat, in der er angebaut wird. Das Anbaugebiet erstreckt sich im Nordosten der Türkei am Schwarzen Meer bis zum Kaçkar-Gebirge, wobei 65% des türkischen Tees in der Region Rize angebaut wird. In Rize findet die Teeproduktion in kleinen bis mittleren Betrieben statt, mit dem staatliche Unternehmen Çaykur findet man aber auch den größten Teeproduzent der Türkei in Rize. Dabei betreibt Çaykur keine eigenen Teeplantagen, sondern bezieht diese von den Kleinst- und Familienbetrieben zu festen Abnahmepreisen.

Rize-Tee von Caykur. Wer am Flughafen in Istanbul nach Tee sucht, wird vor allem solche türkische Tees finden.
Rize-Tee von Caykur. Wer am Flughafen in Istanbul nach Tee sucht, wird vor allem solche türkische Tees finden.

Apfeltee (Elma Çayı)

Der Apfeltee (Elma Çayı) ist ein orientalischer Früchtetee, der in allen Regionen der Türkei zu Hause ist. Man kann ihn warm als auch kalt trinken und eignet sich dank seines Geschmacks als perfekter Familientee. Ursprünglich stammten die Äpfel des türkischen Apfeltees aus der Osttürkei, wo sie unter anderem in den Bergen Ostanatoliens wuchsen. Im Vergleich zu den ebenfalls im Tee enthaltenen Kulturäpfel sind diese wesentlich kleinere Wildäpfel etwas säuerlicher im Geschmack. Wahrscheinlich gibt es den Türkischen Apfeltee als türkische Teesorte schon deutlich länger als der heutige vorherrschende schwarze Tee. Erhältlich ist der Türkische Apfeltee für Touristen auf dem Bazar aber auch im Internet kann man ihn kaufen. Häufig wird es auch als Instanttee angeboten, was ihn aber deutlich ungesunder macht, da er einen höheren Zuckeranteil vorweist.

Hagebuttentee (Kuşburnu Çayı)

Auch der Hagebuttentee (Kuşburnu Çayı) kann sowohl heiß als auch kalt serviert werden. Dabei ist der Hagebuttentee dank seines Vitamin C-Gehalts und natürlichen Antioxidantien ein sehr gesunder Tee. Wie auch den Apfeltee, wird man auch den Hagebuttentee als Instanttee-Variante vorfinden, allerdings auch hier sei auf den meist höheren Zuckergehalt verwiesen. Wer die perfekte Balance zwischen süß und sauer finden möchte, der sollte einmal einen türkischen Hagebuttentee probieren.

Granatapfeltee

Sehr beliebt als türkische Tee-Sorte ist auch der Granatapfeltee. Auch diesen findet man häufig als Instant-Teemischung, die leider viel zu viel Zucker enthält. Auch wenn man denken könnte, beim Granatapfel handelt es sich einfach nur um ein spezielle Apfelform, muss an dieser Stelle doch noch einmal hingewiesen werden, dass es sich beim Granatapfel und Apfel um zwei verschiedene Früchte handelt.

Osmanischer Sultan-Tee

Der osmanische Sultan-Tee (auch türkischer Sultan-Tee genannt oder einfach nur Sultantee), wird dem ein oder anderen Türkei-Urlauber ein Begriff sein. Es handelt sich um einen Instantee (Pulvertee), der auch als Doctortee bekannt ist. Grund für diese Bezeichnung ist, dass es sich beim osmanischen Sultan-Tee um einen Erkältungstee handelt, der unter anderem Ginseng, Eukalyptus, Safran, Ingwer, Kurkuma oder auch Minze enthalten soll. Diese natürlichen Zutaten sollen ihn zu einem perfekten Begleiter bei einer Erkältung machen. Eine fixe Zusammensetzung des Sultantees scheint es nicht zu geben und jeder Verkäufer variiert die Zutaten ein wenig. Dies wird einem unter anderem klar, da der Sultan-Tee nicht immer nur in grüner, sondern manchmal auch in gelber oder gar rosa Farbe erstrahlt. Je nachdem welche Zutaten, in welchem Mischverhältnis verarbeitet worden sind. Die Farbe wird dabei vom Basistee bestimmt, der meist entweder Apfeltee, Zitronentee oder Granatapfeltee ist. Gekauft werden kann der Osmanische Sultan-Tee auf Granatapfelbasis beispielswiese hier bei Amazon.de.

Türkischer Tee Zubereitung

Für die Zubereitung eines Tees nach türkischer ARt wird die türkische Teekanne Çaydanlık genutzt, einem speziellen Kochgeschirr mit zwei Kannen. Es ähnelt dem russischen Samowar. In der Türkei wird unterschieden zwischen starkem Tee (demli çay) und dünnem Tee (açık çay) unterschieden. Je nachdem wie man den fertigen Tee noch mit heißem Wasser verdünnt. Nachfolgend aber die Schritt-für-Schritt Zubereitung von türkischen Tee mit der Çaydanlık.

Eine Çaydanlık mit der Tee auf türkische Art zubereitet wird
Eine Çaydanlık mit der Tee auf türkische Art zubereitet wird

Erster Schritt

Die untere der beiden Kannen wird mit frischem Wasser befüllt, das erhitzt wird. Während sich das Wasser erhitzt, erwärmt sich die oben aufsitzende zweite Kanne, in die die Teeblätter gegeben werden.

Zweiter Schritt

Das kochende Wasser aus der unteren Kanne wird in die obere Kanne mit den Teeblättern gegeben. Beide Kannen bleiben aufeinander gestapelt auf der jeweiligen Wärmequelle.

Dritter Schritt

Während des Brühvorgangs tanzen die losen Teeblätter ihren aromatischen Tanz. Die Blätter vom Boden der Kanne schweben hinauf und die Blätter von oben sinken herab. Der Tee ist fertig.

Die Stärke des Tees wird nach Wunsch über die Wassermenge reguliert. Zuerst kommt der konzentrierte Tee aus der oberen Kanne in das Glas. Dann fügt man die gewünschte Menge heißen Wassers hinzu. In diesem letzten Schritt entscheidet es sich nun, ob man den oben angesprochenen starken Tee (demli çay) oder eben dünnen Tee (açık çay) trinken möchte

Gut zu wissen:

Entgegen anderer Sitten spielt Milch bei der Originalrezeptur von Schwarzem Tee in der Türkei keine Rolle. Dieser englische Brauch (siehe hierzu auch Tee mit Milch) soll auf die Benutzung von feinem Porzellan zurückgehen. Um das Zerspringen der zarten Gefäße zu verhindern, wurde vor dem heißen Tee ein wenig Milch in die Tasse gegeben. Ein türkischer Brauch ist hingegen, ein Stück Würfelzucker in den Mund zunehmen und diesen genüsslich mit dem vollmundigen Tee aufzulösen.

Ganz landestypisch hingegen sind die türkischen Teegläser in Tulpenform. Sie bestehen aus Glas und kommen immer auf einem aufwendig dekorierten Unterteller mit einem Löffel und einer Zuckerdose daher. Das komplette Arrangement umfasst stets auch ein Tablett. Beim Befüllen der Gläser ist zu beachten, dass am oberen Glasrand ein bis zwei Zentimeter Raum bleibt. So ist das Glas, das weder Fuß noch Stiel hat, gut greifbar.

Weltmeister unter den Teetrinkern

Der Teeverbrauch in der Türkei ist beeindruckend. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr 2020 lag bei 2,7 kg. Damit nehmen die türkischen Teeliebhaber den ersten Platz ein und verweisen selbst Brasilien und China auf die Folgeplätze. Von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung für die Türkei ist die Tatsache, dass das Land seinen Binnenbedarf gänzlich aus dem eigenen Anbau decken kann, zumal in einem Kilogramm türkischer Schwarztee sechs Kilogramm Teeblätter stecken. In den letzten hundert Jahren wurde der Kaffee in der Türkei vom Tee entthront. Obwohl der Türkische Mokka seit 2013 zum immateriellen Kulturgut der UNESCO zählt, konsumierte die türkische Bevölkerung 2020 lediglich 0,9 kg Kaffeebohnen.

Pro-Kopf-Absatz von Tee (in kg) weltweit nach Ländern weltweit im Jahr 2020
Pro-Kopf-Absatz von Tee (in kg) weltweit nach Ländern weltweit im Jahr 2020 - Datenquelle: statista.de

Häufig gestellte Fragen & Antworten zum türkischen Tee

Anbei findest du einige ausgewählten häufigen Fragen und die dazugehörigen Antworten rund um den türkischen Tee.

Ist türkischer Tee gesund?

Um die Frage beantworten zu können, ob türkischer Tee gesund ist, muss erst einmal geklärt werden, von welcher Teesorte man spricht. Geht man vom klassischen türkischen Tee aus, dem sogenannten Rize-Tee, also dem Schwarztee aus der Rize-Region, dann gelten für diesen alle Aussagen, die auch für einen anderen Schwarztee gelten. Das bedeutet, dass die im türkischen Tee enthaltenen Gerbstoffe unter anderem die Heilung von Wunden und Entzündungen fördern (sie wirken antibakteriell) und auch beruhigend auf den Magen-Darm-Trakt wirken. Auch können siue Blutdruck und den Cholesterinspiegel senken. Aufpassen muss man nur beim Koffein, dessen Gehalt aber auch je nach Zubereitungsform schwanken kann.

Versteht man unter türkischen Tee hingegen der ebenfalls angebotene Instant-Tee, der zudem noch mit viel Zucker vermischt wird, dann muss leider gesagt werden, dass diese Sorte von türkischen Tee überhaupt nicht gesund ist.

Darf man türkischen Tee in der Schwangerschaft trinken?

Auch hier muss geklärt werden, was man unter türkischen Tee versteht. Falls es der Schwarztee ist, dann muss man als Schwangere auf das darin enthaltene Koffein achten. Die Obergrenze für Schwangere und Stillende liegt bei 200 Milligramm Koffein pro Tag laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V., was je nach Stärke des Tees 2 bis 3 Tassen Schwarztees entspricht. Man sollte türkischen Tee in der Schwangerschaft also nur in geringen Mengen trinken und dies davor mit dem Frauenarzt abklären. Ebenfalls sollte der Tee nicht zu Mahlzeiten getrunken werden, da die darin enthaltenen Gerbstoffe die Eisen-Aufnahme verhindern, was gerade bei einem Eisenmangel in der Schwangerschaft nicht gut ist.

Quellen und Verweise